Minimalismus für die Hosentasche
Manchmal erscheint einem eine Idee so überzeugend, dass man alle bisherigen Pläne über den Haufen wirft. So erging es auch Aaron Rau und Jonas Weber aus Gerstetten, den Gründern von Lockcard. Die beiden sind schon seit der Schulzeit am Heidenheimer Werkgymnasium Freunde, und fast so lange planten sie auch, irgendwann „was Eigenes“ zu machen.
Aaron begann nach dem Abitur 2019 Musik zu studieren, Jonas reiste zunächst nach Indien und nahm dann ein Wirtschaftsingenieursstudium in Karlsruhe auf. Damals war Lockcard noch eine lose Idee, an der sie aber über die Distanz hinweg ein Jahr lang arbeiteten, bis sie im September 2020 schließlich mit ihren Produkten an den Markt gingen.
1000 Bestellungen in einem Monat
„Wir merkten bald, dass unser Produkt noch viel mehr abgehen könnte, wenn wir mehr Zeit hätten“, erzählt Aaron. Also beschlossen sie, ihr Studium abzubrechen und sich voll und ganz auf ihr Start-up zu konzentrieren. Der Erfolg gibt ihnen recht: Allein im August 2021 kamen rund 1000 Bestellungen aus dem deutschsprachigen Raum herein, die sie bislang alleine abarbeiten.
Zu Beginn fertigten Aaron und Jonas vor allem ihre Lockcard Keyplate, eine kreditkartengroße Halterung, mit der sich zwei (Haus-)Schlüssel komfortabel im Kartenfach einer Geldbörse transportieren lassen. Diesen Ansatz entwickelten sie bald weiter zur Lockcard-Wallet, einer maximal reduzierten Geldbörse im Kreditkartenformat, in der sich platzschonend Karten, Kleingeld oder Schlüssel unterbringen lassen.
Drucker laufen Tag und Nacht
Ihre Produkte fertigen sie aus hochwertigem Kunststoff, der von derzeit sechs 3D-Druckern in Form gebracht wird. „Wenn wir etwas verändern oder neu entwickeln, können wir einfach eine neue Datei erstellen und weiter drucken“, sagt Jonas. Diese Flexibilität schätzen sie sehr, auch wenn die Drucker Tag und Nacht laufen, wie sie sagen. Noch dieses Jahr wollen sie für Lockcard einen ersten Mitarbeiter einstellen. Wenn alles gut läuft, soll sich Lockcard über die kommenden Jahre zu einem attraktiven Arbeitgeber entwickeln.
Für ihre Gründung wählten sie beiden jungen Unternehmer einen überraschenden Weg: „Google war unser Berater“, sagt Aaron und lacht. Für sie habe es sich als guter Weg erwiesen, in der Planungsphase nicht mit allzu vielen Menschen über für Lockcard zu sprechen. So hätten die Pläne in ihren Köpfen erst einmal reifen können, sagen sie.
Probleme lösen – Schritt für Schritt
Unterstützung fanden sie neben ihren Familien auch im Heidenheimer Dock 33, wo sich Aaron und Jonas rasch im wachsenden Netzwerk einfanden und wertvolle Kontakte knüpfen konnten. „Unternehmertun hat nicht zwingend mit großem Vorwissen zu tun“, sind die beiden Gründer überzeugt. Man identifiziere Probleme – und löse sie Schritt für Schritt. So könne jeder in die Rolle eins Unternehmers schlüpfen.
Um den Start zu finanzieren, setzten sie das angesparte Geld aus früheren Ferienjobs ein, weitere Investitionen tätigen sie immer erst, wenn sie mit ihren Produkten ausreichend Gewinn gemacht haben. Gedanken an mögliche Risiken wollten sie dagegen nicht überbewerten. „Es war unser Traum, das zu machen“, sagen sie. Die Gefahr, eines Tages in einem ungeliebten Job zu versanden, sei viel größer gewesen. Weil sie zudem noch bei ihren Eltern leben, sind die finanziellen Herausforderungen für Aaron und Jonas überschaubar.
In den kommenden Monaten und Jahren wollen die Lockcard-Gründer ihre Produkte vor allem weiterentwickeln und dabei auch mit weiteren Materialien experimentieren. Auch Kontakte zu mögliche Investoren sind bereits entstanden.